Zum Gedenken an Arnold (Noldi) Pfeifer
Er war der Glückbringer von Töss
Nein, ein «waschechter Tössemer» war er nicht, der Noldi Pfeifer. Er kam auch etwas zufällig nach Töss. Im Nägelsee wurde das Lokal des Milchladens Fuchs frei, und so zügelt Noldi Pfeifer 1981 seinen kleinen Kaminfegerbetrieb ins Nägelseequartier. 1986 übernimmt er einen zweiten Betrieb und ist so schon bald «de Tössemer Chämifäger». Er engagiert sich im Vorstand des Quartier- vereins, sehr stark auch im Umfeld der katholischen Kirchgemeinde, und für den FC Töss amtet er als Schiedsrichter. Am 28. Dezember 2022 verstarb «der Glückbringer von Töss».
Geboren wird er am 2. September 1940 in Graz. Seinen Vater kennt er kaum, da dieser eingezogen wird und Arnold ist bei seinen seltenen Urlaubsaufenthalten zu klein, um ihn bewusst wahrzunehmen. 1943 wird sein Vater im Russlandfeldzug als vermisst gemeldet… 1948 erkrankt seine Mutter schwer. Arnold und seine beiden Geschwister werden von ihr getrennt und als Verdingkinder bei verschiedenen Bauernfamilien untergebracht. 1950 stirbt seine Mutter, ohne dass die Kinder zu ihr zurückkehren durften. Auch die Geschwister verlieren mehr und mehr den Kontakt untereinander. Erst Anfang der siebziger Jahre finden sie wieder zusammen.
Fachkräftemangel in der Schweiz
Inzwischen ist Arnold Pfeifer mit 12 Jahren bei Pflegeeltern untergebracht, die ihm auch eine Lehre ermöglichen. Zur Auswahl stehen Bäcker, Metzger oder eben – Schornsteinfeger. Nach der Lehre folgt er schon bald dem Ruf in die Schweiz, wo damals «Fachkräftemangel» herrschte. Nach mehreren Jahren bei der Genossenschaft Bauwerk in Winterthur erwirbt er 1972 das Meisterdiplom. Und am 1.1.1975 gründet er seine eigene Firma – zuerst an der Brauerstrasse, seit 1981 an der Friedhofstrasse im Nägelseequartier. Rund 30 Jahre lang wirkt er von da aus als Kaminfeger und einige Jahre noch als Dachdecker.
Während heute ein Kaminfeger mit den verschiedensten Stellen kommuniziert und koordiniert, geht es in den siebziger und achtziger Jahren noch viel mehr darum, die vielen kleinen Einzel-Ofen in den Zimmern zu reinigen und zu kontrollieren. Der Kaminfeger geht praktisch von Haus zu Haus. Erst nach und nach werden Zentralheizungen eingeführt. Pfeifers Geschäft blüht, er lässt seinen Angestellten grosse Freiheit. Und so gibt es auch nur wenige Wechsel.
Familienvater, Quartiermensch, Spielleiter
Schon in den sechziger Jahren lernt er bei einem Urlaub in der alten Heimat, der Steiermark, seine künftige Frau Erna kennen, die ihm nach Winterthur folgt. Schon bald kommen die Kinder Gerald und Silvia, später noch Petra zur Welt. Erna ist die Hausfrau, die ihrem Mann den Rücken freihält. Er arbeitet als Geschäftsmann und engagiert sich im Quartier. Immer wieder sind es die Finanzen, die er sorgsam hütet: für den Spielplatz, im Quartierverein… Auch innerhalb der Katholischen Kirchgemeinde engagiert er sich. Er sitzt im Pfarreirat, amtet als Synodaler und nicht zuletzt als «Glückbringer» in seinem Kaminfegeranzug an den Neujahrs-Gottesdiensten. Jahrelang präsidiert er die sogenannte Vincenz-Konferenz, eine soziale Institution, die Bedürftige finanziell unterstützt.
Seine ganz grosse Leidenschaft ist der Fussball, und so amtet er lange Zeit für den FC Töss als Schiedsrichter. Auch der Umgang mit Kindern liegt Arnold Pfeifer: Als einziger Mann organisiert er Spielplausch-Nachmittage bei der Freizeitanlage. Arnold Pfeifer kann zuhören, wenn ihn jemand um Rat fragt. Vorschnelle Reaktionen sind nicht sein Ding. Dafür fallen die Antworten dann pragmatisch und gehaltvoll aus.
2005 zieht sich Arnold Pfeifer aus dem Geschäft zurück und übergibt es an einen der Mitarbeiter. Im Zentrum stehen jetzt die Familie, seine Frau, die Kinder und Enkelkinder, das Reisen und der Kontakt mit den Geschwistern. Leider wird Arnold in den letzten Monaten durch gesundheitliche Probleme immer stärker eingeschränkt. Seinen Humor verliert er bis zuletzt nie. Er stirbt im Kreise seiner Familie im Alter von 82 Jahren am 28. Dezember 2022.
Matthias Erzinger