Susanne Bloch kocht gerade viel, aber das wird nicht immer so sein

800 Kilometer Wanderung als Vorspeise

Ja, diese Wanderung auf dem Jakobsweg. Wer weiss, was Susanne Bloch heute machen würde, wenn ihr 2007 nicht eine Hotelbesitzerin über den Jakobsweg gelaufen wäre. Darum ist sie jetzt erfolgreiche Kochbuchautorin, «Food»-Fotografin und Gastgeberin bei Kochkursen in ihrem Atelier 5 im Eichliackerquartier. Zudem beliefert sie die Villa Sträuli als Cateringunternehmerin. «Aber in zehn Jahren mache ich dann etwas anderes!», sagt sie im Interview.

«Hauchdünn, aber wirklich hauchdünn, müssen die Randen geschnitten werden», erklärt Susanne Bloch einer Runde von etwa zehn Leuten, die um sie herum gruppiert sind. Sie stehen in der geschmackvoll eingerichteten Gross-Ess-Küche «Atelier foif» an der Strittackerstrasse. Gefeiert wird ein Geburtstag, und die Gastgeberin hat ihre Gäste zum gemeinsamen Kochen und Geniessen eingeladen. Jetzt erklärt Susanne Bloch der Gruppe gerade ihr Randen-Carpaccio aus verschiedenfarbigen Randen. Darauf wird lauwarmer Ziegenkäse serviert. Als Vorspeise. Keine «Liebe auf den ersten Blick» gab es zwischen Susanne Bloch und dem Ziegenkäse: Als Kind mochte sie ihn gar nicht.

Ganz anders ist das Verhältnis zum Ort, wo das Essen stattfindet: «Früher befand sich hier die Werkstatt meines Vaters. Wo es heute nach Gewürzen, frischem Brot und Braten riecht, roch es damals nach Metall. Den Geruch habe ich noch immer präsent». Als Fünfjährige schon schwelgt sie in den verschiedensten Aromen. Und sie kommt oftmals von der Breite, wo die Familie wohnt, hinab ins Eichliackerquartier in die Schlosserei.

Was soll ich machen? Ok, ich mach ein Kochbuch

Mit 15 deutet noch nichts darauf hin, dass Susanne ihr Leben dereinst mit Kochen bestreiten wird. Nach der Volksschule macht sie eine Lehre als Arztgehilfin. Sie arbeitet auf dem Beruf, reist in der Welt herum. Einmal, auf dem Heimweg von Barcelona, beschliesst sie, mit gut 25 Jahren, ein Kochbuch zu schreiben. «Ich war auf der Suche, was ich machen sollte, und so wurde das Kochen und Feilen an den Rezepten zu meiner grossen Leidenschaft.» Nebenbei bringt sie sich auch das Fotografieren bei. Und wird zur Verkäuferin, um ihr Buch bei einem Verlag unterzubringen. Daraus wird zwar nichts – und so gibt sie das Buch kurzerhand im Eigenverlag heraus. Das war 2007. «Crowdfunding» kannte man da noch kaum.» Aber Susanne Bloch fand genügend Unterstützung und Vorbestellungen für ihr Buch, damit wenigstens die Druckkosten bezahlt werden konnten. Und nachdem das Buch da ist (und auch bald ausverkauft, so dass eine zweite Auflage gedruckt wird), ist Susanne wieder etwas luftig zu Mute. Luftig, wie ihre Rezepte, zum Beispiel das Erbsensüppchen mit Pfefferminzschaum. «Es ist fantastisch, wie man beim Essen mit ganz einfachen Zutaten immer wieder völlig neue Speisen kreieren kann.»

Schicksalshafte Pyrenäen

Sie macht sich auf den Weg, den Jakobsweg. 800 Kilometer zu Fuss. In der Nähe von Pamplona, in den Pyrenäen, lernt sie eine Hotelbesitzerin aus St. Gallen kennen. Sie beschliesst, in deren Hotelküche ein Praktikum zu absolvieren, um auch das professionelle Küchenhandwerk kennen zu lernen. Im Hotel trifft Susanne Hänseler auf den Sohn der Besitzerin. Der heisst Daniel Bloch und arbeitet bei der Stadt Zürich. Und auch er kocht gern. Ein Jahr später heiraten die beiden.

Inzwischen arbeitet Susanne Bloch schon lange nicht mehr als Praxisassistentin, sondern lebt von den Caterings, zum Beispiel in der Winterthurer «Villa Sträuli», von ihrer Tätigkeit als «Störköchin» und seit gut einem Jahr auch von ihrem «AtelierFoif», mit dem sie sich einen Traum verwirklicht hat. Aus der Werkstatt des Vaters ist eine professionelle Küche und gleichzeitig ein behaglicher Raum zum Essen geworden, in welchem die verschiedensten Düfte um die Gunst der Sinnesorgane wetteifern. «Einerseits wird der Raum für Anlässe gemietet – so werden zum Beispiel Weindegustationskurse, Bierbraukurse und verschiedene Kochanlässe angeboten –, andererseits kochen wir hier mit privaten Gruppen ein Vier-Gang Menu, das anschliessend zusammen mit den passenden Weinen genossen wird.» Da wird dann frische Pasta produziert, der Ziegenkäse auf das Randen-Carpaccio gelegt und das Reh fachgerecht zubereitet. Auch Daniel Bloch hilft dabei mit, während zuhause der Grossvater auf die inzwischen 6 und 8 Jahre alten Mädchen aufpasst.

Es gibt nichts Schöneres als Kochen», sagt Susanne Bloch. Inzwischen ist bereits ihr zweites Kochbuch erschienen. Und sie hat sowohl das Schreiben als auch das Fotografieren perfektioniert. «Querbeet» heisst das Buch und der Titel ist Programm. Am Ende eines Essens steht das Dessert. Zum Beispiel ein Rosmarin-Panna Cotta mit Heidelbeer-Espuma.

Wo sieht sich Susanne Bloch in zehn Jahren? Ohne Zögern kommt die Antwort: «Dann mache ich vermutlich etwas mit Sterbebegleitung.» Das ist nicht zynisch oder ironisch gemeint, sondern – nun mit etwas Überlegung – sehr ernsthaft: «Heute rege ich Menschen dazu an, das Essen zu geniessen, mit allen Sinnen wahrzunehmen. Irgendwie beschäftigt mich auch der Gedanke, Menschen, die am Ende des Lebens angekommen sind, positiv zu unterstützen. Aber ich habe jetzt noch keine Ahnung, was das sein wird.»

Mehr Informationen zu Rezepten und dem «AtelierFoif»: www.susannebloch.ch oder www.atelierfoif.ch

Matthias Erzinger