Eva Eggenberger hat 1977 als junge Lehrerin unter lauter Kollegen im Schulhaus Gutenberg zu unterrichten begonnen. Jetzt ist sie pensioniert worden.

«Mein Ziel war es, dass alle Kinder gerne in die Schule gehen»

Auf ihre Pensionierung hat sie mitnichten hingefiebert. Eva Eggenberger war bis zu den Sommerferien mit Leib und Seele Primarlehrerin in Töss. Der Abschied von ihrem Arbeitsort, «ihren» Kindern und Arbeitskolleginnen und -kollegen ist ihr schwergefallen, obwohl sie bereits mit dem Wegzug aus Töss vor drei Jahren einen ersten Schritt in Richtung Abschied unternommen hatte. Nach der Pensionierung ihres Gatten, Pfarrer Christian Eggenberger, mussten die beiden nach gut dreissig Jahren aus dem Pfarrhaus in Töss ausziehen. Das Pfarrhaus befindet sich direkt neben der reformierten Kirche und diese wiederum befindet sich in nächster Nachbarschaft zu den Schulhäusern, in denen Eva lange tätig war. Wohnen und Arbeiten fand beim Ehepaar Eggenberger auf geographisch engem Raum statt. Nun wohnen die beiden in Seen und haben sich dort gut eingelebt.

Eva ist in Wülflingen aufgewachsen, später zog die Familie nach Wiesendangen. Von dort radelte sie sechs Jahre lang an die Kantonsschule Rychenberg, und engagierte sich daneben in der Wiesendanger und Winterthurer Pfadi, die ihr viel bedeutete. Von 1976–1979 leitete sie das damalige Pfadfinderinnen-Korps Winterthur Während der Oberseminarzeit in Zürich suchte sie eine Praktikumsstelle und fand eine solche im Schulhaus Gutenberg mit 36 Schülerinnen und Schülern in einer sechsten Klasse. Offenbar meisterte die junge Seminarabsolventin ihr Praktikum mit Bravour, denn als auf das kommende Schuljahr eine Stelle im Gutenberg für eine vierte Klasse ausgeschrieben war, bekam sie die Stelle. Als drei Jahre später das Schulhaus Rebwiesen eröffnet wurde, startete Eva Eggenberger ihre nächste Mittelstufenklasse dort.

Sie war von Beginn an nicht nur eine engagierte Lehrerin, sondern suchte ihre Schülerinnen und Schüler auch für das Singen zu begeistern. Dazu gründete sie schon 1977 das «Guetebärg-Chörli», später dann das «Räbwiese-Chörli» mit jeweils rund 40 Kindern im Alter von 8 bis 14 Jahren. Zusammen mit dem damals bereits arrivierten Primarlehrer Heinz Hinrikson, der jahrelang den «Blockflötenchor Töss» leitete, führten die beiden so manches musikalische Projekt zusammen auf. Die beiden setzten nicht nur auf Freude bei den teilnehmenden Kindern, sondern offenbar auch auf Qualität, denn sie durften mit einem Theaterprojekt bei der Einweihung des Stadttheaters auftreten; sie waren aber auch schon im Schweizer Radio zu hören und hatten gemeinsame Auftritte mit dem Sängerbund.

1983 entschied sich Eva, ihre Liebe zur Musik, insbesondere zum Gesang, zu vertiefen und legte eine Pause als Lehrerin ein, um sich während eines Jahres intensiv der Musik zu widmen. In einer Musikwoche im Engadin lernte sie ihren späteren Mann Christian kennen, die beiden heirateten und bekamen im Laufe der Jahre drei Kinder. 1992 stieg Eva Eggenberger als Mitleiterin im ökumenischen Kinderchor Töss ein. Sie begleitete den Chorleiter und Kantor Hansjörg Ganz unter anderem auch acht Jahre lang in die Musicallager, die jeweils in den Frühlingsferien stattfanden.

Daneben liess sie sich zur Katechetin weiterbilden und führte in Töss den religionspädagogischen Unterricht für Drittklässler ein. Acht Jahre leitete sie diesen, bis sie 2003 für ein Vikariat im Schulhaus Zelgli angefragt wurde, mit Freude zusagte und im Sommer 2003 mit Teilpensen in drei verschiedenen Klassen wieder in den Schuldienst eintrat. Mitte August ist Eva Eggenberger nach zusammengerechnet 23 Unterrichtsjahren in Töss pensioniert worden.

«De Tössemer»: Frau Eggenberger, erinnern Sie sich noch an Ihren Einstieg ins Berufsleben 1977?

Eva Eggenberger: Oh ja, sehr gut sogar. Ich war 22 Jahre jung und die einzige Frau im Lehrerteam. Meine Kollegen waren alles «gestandene» Lehrer. Aber ich wurde sehr wohlwollend und gleichberechtigt aufgenommen, was ich sehr geschätzt habe. Ich hatte für meine 28 Schülerinnen und Schüler ein Klassenzimmer über der alten Gutenberg-Turnhalle zugeteilt bekommen, also etwas abseits von den anderen Klassenzimmern. Das war mir aber ganz recht. Das war so eine Art «Refugium» für mich.

Haben Sie alle Fächer gleich gerne unterrichtet?

Singen und Mathematik habe ich am liebsten unterrichtet. Auch die deutsche Sprache, Schreiben oder Zeichnen habe ich gerne unterrichtet. Der Sport hingegen oder im Sommer der Schwimmunterricht im Freibad Töss lagen mir weniger.

Wie war der Wiedereinstieg nach zwanzig Jahren Pause?

Obwohl ich da ja bereits selber drei Kinder hatte und viele Jahre als Kinderchorleiterin und Katechetin gearbeitet hatte, war das erste Jahr im Zelgli in drei verschiedenen Klassen bei verschiedenen Lehrpersonen mit unterschiedlichen Unterrichtsstilen und dann auch neu auf der Unterstufe ein richtiges «Lehr- und Wanderjahr» für mich.

Was hat sich in der Primarschule in den letzten Jahren vierzig Jahren verändert?

Zu Beginn meiner Berufsausübung war ich allein mit der Klasse, habe bis auf die Handarbeitsstunden alle Fächer unterrichtet. Da hatte man mehr Freiheiten, aber auch die alleinige Verantwortung. Es gab noch keine Klassenassistentinnen, keinen DAZ- oder IF-Unterricht. Wer in der Regelklasse nicht mitkam, besuchte die Sonderklasse. Heute werden möglichst alle Kinder in eine Regelklasse integriert. Die Unterrichtsmethoden, die Lehrmittel, die zur Verfügung stehenden Geräte (wir hatten damals weder Kopierapparat noch Computer), der Lehrplan, wie man ein Schulzimmer einrichtet – alles hat sich sehr verändert. Heute arbeiten die Lehrpersonen viel mehr miteinander, tauschen sich aus, planen das Schuljahr gemeinsam und organisieren viele Anlässe für die ganze Schule zusammen mit der Schulleitung. Früher war einzig der Sporttag ein gemeinsam durchgeführter Anlass. Der Aufwand an Sitzungen und Absprachen ist allerdings stark gestiegen.

Wissen Sie, was aus Ihren früheren Schülerinnen und Schülern geworden ist?

Zum Teil. Am ehesten habe ich noch Kontakte zu den «Kindern» aus meinen beiden Mittelstufenklassen von 1977-1983. Als ich noch in Töss gewohnt habe, habe ich im Quartier immer mal wieder ehemalige Schülerinnen und Schüler getroffen. Es hat mich auch immer gefreut, wenn Ehemalige bei uns im Pfarrhaus für einen Schwatz vorbeigekommen sind. Einmal hielt ein ehemaliger Schüler in einem schnittigen Auto neben mir an, als ich vor dem Gartentörchen stand. Er stieg aus und bedankte sich bei mir für seine Schulzeit. Solche Gesten sind enorm schön.

Was war Ihr grösstes Anliegen beim Unterrichten?

Mein oberstes Ziel war, dass die Kinder gerne in die Schule gehen, dass sie gerne lernen, neugierig sind und bleiben. Ich habe versucht, sie zu motivieren, sie fürs Lernen zu begeistern. Wichtig war mir auch, mit jeder Klasse eine gute Gemeinschaft aufzubauen. Das gemeinsame Singen hat dabei sehr geholfen.

Regina Speiser