Stadtregierung trifft die (schweizerische) Bevölkerung
«Blickpunkt Töss» als Standortbestimmung
Der Name ist Programm: Seit 2004 finden in Töss regelmässig Anlässe statt, an welchen sich die Stadtregierung mit der Bevölkerung zum öffentlichen Austausch trifft. «Blickpunkt Töss» erlaubt eine aktuelle Bestandesaufnahme zum Stadtteil. Organisiert wurde der Anlass von einer Arbeitsgruppe der Tösslobby. Über 120 Personen nutzten Ende September die Gelegenheit. Ergänzt wurden die Ausführungen der Stadträt:innen durch eine Präsentation der SBB-Projekte.
War es vor 21 Jahren an der ersten «Blickpunkt Töss»-Veranstaltung eine Bank an der Busendstation, die zu reden gab, so waren es diesmal die Amphibien auf dem Rossberg, die mehr Schutz bedürfen: Beispiele eines spezifischen Anliegens, welche an den Blickpunkt Töss-Anlässen jeweils genauso Platz finden wie die grossen Fragen der Stadtentwicklung, zum Zentrum Töss und einer besseren Verbindung der durch die Zürcherstrasse getrennten Quartiere.
Gewandelt hat sich die Struktur der Veranstaltung: nahmen die Mitglieder der Stadtregierung die Fragen und Anregungen der Bevölkerung 2004 noch direkt entgegen, bestand diesmal ein langer Vorlauf. Bereits im Frühjahr begann die organisierende Arbeitsgruppe der Tösslobby damit, bei den Vereinen und Institutionen im Stadtteil Anliegen und Fragen an die Verwaltung zu sammeln. Nach einem Durchlauf durch den Tösslobby-Vorstand wurde dann ein bereinigter Fragenkatalog den Stadträt:innen vor den Sommerferien zugestellt. Monika Imhof, selbst früher langjährige Präsidentin der Tösslobby, moderierte die entsprechende Fragerunde auf dem Podium frisch und mit Humor – und sorgte mit gezielten Nachfragen auch dafür, dass die Mitglieder der Stadtregierung nicht im allzu Unverbindlichen steckenblieben.
Als Ergänzung zu den Anliegen, die via Tösslobby durch die Vereine eingespiesen wurden, konnten die Besucher:innen über ein «Menti-Meter» direkt online Fragen einspeisen – was intensiv genutzt wurde. Rund 50 Fragen wurden eingereicht. Da aufgrund der Zeit nur ein kleiner Teil direkt beantwortet werden konnte, werden die weiteren Fragen durch die Tösslobby für künftige Gespräche mit der Verwaltung aufgenommen.
Diese Struktur mache an sich Sinn, meint dazu etwa Andi Gentsch, der in der AG der Tösslobby mitarbeitete. «Aus meiner Sicht wäre es aber auch interessant, wenn die Mitglieder der Exekutive einen aktiven Einblick aus ihrer Sicht in Geschäfte geben können, die Töss betreffen, ohne dass entsprechende Fragen gestellt würden. Das könnte dafür sorgen, dass auch vermeintlich weniger interessante Departemente der breiten Öffentlichkeit etwas zugänglicher gemacht würden.»
Positive Bilanz
Anita Raschle, welche aus dem Vorstand der Tösslobby in der Vorbereitung mitarbeitete, zieht eine positive Bilanz des Anlasses. Einerseits biete er die Möglichkeit, jeweils wirklich öffentlich eine gewisse Bestandesaufnahme der Stimmung im Stadtteil, andererseits ermögliche er der Bevölkerung, auch wirklich einen Fuss in die Türe zu stellen bei Anliegen, die ihnen wichtig sind und den Stadtrat gegebenenfalls dazu zu bewegen, sich intensiver damit zu befassen (siehe dazu das Interview mit Anita Raschle). «Und wichtig ist der Anlass auch für den Austausch innerhalb der Bevölkerung» – wobei festzuhalten sei, dass der Anlass ausserhalb dem stimmberechtigten Teil der Bevölkerung kaum auf Wiederhall stosse – was auch nachvollziehbar sei. (me)
«Blickpunkt» in den Medien
Wer sich für weitere Details des Anlasses interessiert: der erste Teil wurde von Radio Stadtfilter aufgezeichnet und kann unter dem nachfolgenden Link nachgehört werden:
Einen Blick von aussen auf den Anlass findet man auf dem Online-Magazin wnti.ch von Gioia Jöhri unter
https://wnti.ch/a/in-toess-geht-die-post-ab
Nur im Abo zu lesen ist der Bericht von Till Hirsekorn auf der Tamedia-Plattform:
https://www.tagesanzeiger.ch/toess-was-bewegt-die-winterthurer-quartier-landsgemeinde-176369745882

Interview mit Anita Raschle, Mitglied des Organisationskomitees «Blickpunkt Töss»
«Den Fuss in die Türe stellen»
Der «Blickpunkt Töss» wurde von der fünfköpfigen Arbeitsgruppe «Blickpunkt» der Tösslobby organisiert. Matthias Erzinger hat mit Anita Raschle gesprochen, welche als Vorstandsmitglied der Tösslobby zusammen mit Sandra Stöckli, Dario Agustoni, Andi Gentsch und Paula Castro diese Arbeitsgruppe bildete.
Anita Raschle, Sie haben zur Veranstaltung «Blickpunkt Töss» eine spezielles Verhältnis. Was steckt da dahinter?
Anita Raschle: Als wir vor 16 Jahren in den Stadtteil zügelten, kannte ich niemanden. Kurz nach unserem Umzug fand jedoch ebenfalls eine solche Veranstaltung mit allen Stadträt:innen statt. Da habe ich die Gelegenheit benutzt, besuchte den Anlass und lernte dabei viel über den Stadtteil Töss und konnte auch Kontakte knüpfen. Ich war damals begeistert. Für mich war das später nicht zuletzt auch ein Teil der Motivation, mich in der Tösslobby zu engagieren.
Was umfasste die Arbeit der Arbeitsgruppe genau, wie haben Sie gearbeitet?
Wir haben im Frühjahr begonnen. Natürlich gab es einige Grundlagen der letzten Veranstaltung vor vier Jahren, aber als Arbeitsgruppe haben wir uns zuerst auch grundsätzliche Überlegungen zum Format gemacht. Interessanterweise haben wir uns in der Arbeitsgruppe auch inhaltlich sehr gut ergänzt, und es kamen viele Kompetenzen zusammen, so dass trotz ehrenamtlichem Engagement viel professionelles Know-how eingeflossen ist. Die Arbeit konnten wir auch relativ effizient gestalten. Wir haben uns für sechs Sitzungen getroffen. Für die Durchführung waren wir auch auf weitere Helfer:innen angewiesen. Das war schon sehr motivierend, dass sich dafür ohne grosse Probleme genügend Leute fanden. Meine Aufgabe war vor allem die Koordination mit dem Tösslobby-Vorstand, die Kontakte mit den Tösslobby-Mitgliedern bezüglich der Quartieranliegen, die wir ja schon sehr früh der Stadt einreichen mussten.
Sie haben mit einer Zweiteilung der Veranstaltung und einem sogenannten Mentimeter versucht, den Anlass möglichst auch lebendig und aktuell gestalten zu können?
Ja, aufgrund der Fristen, die uns von der Stadtregierung gesetzt wurden, ist der Anlass teilweise natürlich sehr stark strukturiert. Wir mussten vor den Sommerferien unsere Fragen an die Mitglieder des Stadtrates einreichen. Es war nicht ganz einfach, die Vereinsvertreter:innen in der Tösslobby zu mobilisieren. Die sind ja alle auch in Vereinsvorständen oder Institutionen eingebunden und meist schon ehrenamtlich stark enagiert. Da war dann der Blickpunkt halt auch manchmals schon noch sehr weit weg… Letztlich haben wir aber einen guten Querschnitt erhalten, der meines Erachtens die Fragestellungen in Töss gut abgedeckt hat.
Überraschungen gab es kaum. Viele der Anliegen sind seit längerem bekannt.
Das stimmt grundsätzlich, und trotzdem ist es wichtig, diese Anliegen ab und zu direkt bei den Mitgliedern der Stadtregierung deponieren zu können. Die Tösslobby ist nun seit beinahe 20 Jahren aktiv, und wir tauschen uns mit der Verwaltung immer wieder aus. Aber solche Anlässe sind wichtig, damit die Stadtregierung Stimmungen wahrnimmt, und wir andererseits bei bestimmten Themen auch wieder einmal einen Fuss in die Türe stellen.
Genau darum haben wir auch die SBB eingeladen, den aktuellen Stand des Projekte Mehrspur und der geplanten Bauarbeiten in Töss vorzustellen.
Ihre Bilanz grundsätzlich?
Ich war positiv überrascht vom Publikumsaufmarsch. Ich war kurz zuvor an einer ähnlichen Veranstaltung in Veltheim – da waren wenig mehr als 30 Leute. Unser Saal war mit über 120 Personen voll, es herrschte grundsätzlich eine konstruktive Stimmung. Persönlich finde ich, dass der Anlass etwas gar nahe bei den Erneuerungswahlen terminiert war. Vielleicht könnte ein nächstes Mal ein etwas grössserer Abstand geplant werden. Und natürlich war es persönlich ein nicht zu unterschätzender Aufwand – aber ich habe auch wieder profitiert persönlich, durch neue Kontakte, aber auch Knowhow.
Sie haben ihre Symbolfigur wieder in den Keller gestellt. Holen Sie ihn dann auch wieder selbst hervor und sind auch bei der nächsten Blickpunkt-Veranstaltung wieder mit dabei?
Das lassen wir jetzt mal einfach offen… jetzt freuen wir uns mal über den erfolgreichen Anlass, und was die Zukunft bringt wird sich weisen.

