Glockensanierung der reformierten Kirche

Silvan Dominioni bei der Demontage der Kirchenglocken im Turm der Reformierten Kirche Töss (Foto: Matthias Erzinger)
Glockensanierung der reformierten Kirche
170-jährige Teile werden ersetzt
Hoch oben, im Turm der reformierten Kirche, arbeiten
Silvan Dominioni und sein Kollege der Firma Rüetschi.
Gerade werden die Glocken aus ihren Lagern demon
tiert, um die alten, 170jährigen Lager zu ersetzen. An
Ostern sollen dann die Glocken wieder läuten – was
nicht nur Freude weckt …
«Diese Sanierung ist dringend», sagt Silvan Dominioni und zeigt auf ausgeleierte Lager einer der Glocken. Teilweise seien noch die originalen Bauteile aus dem Jahr 1855 in Betrieb. Im engen Turm müssen sie unter schwierigen Bedingungen ersetzt werden.
Folgen des Blitzeinschlags
Auslöser für die Gesamtsanierung von Geläut und Uhrentechnik ist ein Blitzschlag vom 12. August letzten Jahres, genau um 22.22 Uhr. Die Uhr blieb stehen, das Geläut verstummte. «Bei einer Besichtigung wurde rasch klar, dass nicht nur die Uhrentechnik durch den Blitzschlag gelitten hatte, sondern dass auch die Lager der Glocken ausgeleiert sind und ersetzt werden müssen», sagte der Präsident der reformierten Kirchenpflege, Paul Schoechlin gegenüber dem Tössemer.

Die Aufhängung der Glocken bilden eher grimmig blickende Figuren,
deren Bedeutung jedoch nicht erschlossen werden konnte.

Schon vor 170 Jahren wurden Reben und Sichel in die Glocke als
Symbol für die Pfarrei Töss gegossen.
Seit Mitte Januar nun sind die Arbeiten im Gang. Zuerst erfolgte die Demontage der Uhren aus ihren Lagern. Dabei wurde zeitweise auch die Frontjalousie im Kirchturm geöffnet, um Material aus und in den Turm zu bewegen. Danach nimmt die Firma hauptsächlich
Arbeiten in der eigenen Werkstatt vor, während die Elektrik im Turm durch die Tössemer Firma Gerteis Elektro AG ersetzt wird. Ab Anfang März wird dann während vier Wochen die Remontage erfolgen, und an Ostern soll das neue sanierte Geläut wieder in Betrieb genommen werden. «Der Ton wird in Zukunft etwas weicher sein», sagt Silvan Dominioni, erhalten die Glocken doch neue, weichere Klöppel.
Über 650-jährige Tradition
Die Firma Rüetschi in Aarau, welche die Sanierung des Geläutes vornimmt, kann auf eine über 650jährige Tradition zurückblicken. 1367 wurde die «Glocken und Geschützgiesserei» durch einen Walter Reber in Aarau gegründet. 1607 wurde die noch heute bestehende Giesserei am Rande von Aarau in Betrieb genommen, die dazu führte, dass man Aarau auch «die Glockenstadt» nennt. Bis um 1870 wurden nicht nur Glocken, sondern auch Kanonen gegossen – dann wurde für diesen Geschäftsbereich die Konkurrenz durch die Krupp in Deutschland zu gross. Der damalige Firmenchef, Herman Rüetschi, konnte dafür um 1900 seine 1000. Glocke ausliefern.

Die grösste Glocke der reformierten Kirche Töss.
Zudem meldete er als erster ein Patent für eine elektrische Läutvorrichtung für Kirchenglocken an. Heute giesst die Firma nicht nur
Glocken, sondern ist auch als Spezialistin für den Guss von Kunstobjekten, Spezialguss für Architektur und Industrie bekannt. 2005 wurde zudem die Kirchenuhrenfabrik in Dombresson übernommen, und so sind heute die Renovation und Sanierung von Kirchenuhren und
Geläuten ein wichtiges Standbein der Firma.
Des einen Leid – des anderen Freud …
Etwas Bange sehen die unmittelbaren Anwohner:innen der Wiederinbetriebnahme der Tössemer Kirchen glocken entgegen. «Für uns ist das Kirchengeläut manchmal schon eine ziemliche Tortur», sagt ein der Redaktion bekannter Anwohner. Insbesondere am Samstag und Sonntagmorgen in der Früh. «Für uns war der Blitzschlag quasi ein Gottesgeschenk», habe man doch nun auch am Samstagmorgen im Wohnzimmer wieder sprechen können. So wurde denn auch die Kirchenpflege angeschrieben und gebeten, dass Geläut am Wochenende zu reduzieren und speziell am Morgen um sechs darauf zu verzichten.
Matthias Erzinger (Text und Bilder)