Rosemarie Peter: die Präsidentin des Quartiervereins Töss Dorf tritt nach 20 Jahren im Vorstand zurück
Rückblick einer Realistin: «Der grösste Erfolg zum Schluss»
Der Verkehr zerschneidet noch immer mit Tempo 50 das Quartier, das Rotlichtmilieu ist noch immer präsent, und das Zentrum Töss gewinnt gewiss keinen Schönheitspreis. Rosmarie Peter, die abtretende Präsidentin des Quartiervereins, zieht eine durchzogene Erfolgsbilanz: «Manches blieb Flickwerk». Enttäuscht ist sie gleichwohl nicht – auch wenn sie mehr hätte erreichen wollen.
Sie weiss selber nicht genau, wie lange sie nun schon Präsidentin des Quartiervereins Töss Dorf ist. «15 Jahre? Wahrscheinlich noch einige mehr; vorher war ich schon ein paar Jahre Vorstandsmitglied», sagt sie, «man müsste das im Stadtarchiv nachfragen, dort liegen die alten Vereinsakten.» Die Aussage ist irgendwie typisch für Rosmarie Peter, die im Frühjahr im Amt nun abgibt: Bei ihr stand immer die Sache im Vordergrund, nicht ihre Person und das Präsidium. Die Sache, das waren damals beim Amtsantritt die drohende Verslumung des Quartierkerns, der unablässig rollende Verkehr, das Rotlichtmilieu, das sich ausbreitete, dazu die wachsende städtische Bürokratie, die man als kleiner Verein immer weniger meistern könne. Ihr Fazit: «Man hat 20 Jahre gearbeitet für wenig Erfolg. Man probierts immer wieder, und wird doch oft enttäuscht.» Halt! Ganz am Anfang gabs einen Erfolg der bis heute nachwirkt. Der Quartierverein und Anwohnende kämpften darum, dass der damals neu gebaute Burger King nicht rund um die Uhr geöffnet sein darf. Das ist bis heute so geblieben. Anders sieht die Erfolgsquote bei drei Tössemer Dauerbrennern aus.
«Ein Slum war Töss nie»
Stichwort eins, der Verkehr auf der Zürcherstrasse: «Ein Trauerspiel», sagt Rosmarie Peter, im Rückblick «viel wurde versprochen, und schöne Visualisierungen wurden erstellt, doch passiert ist so gut wie nichts.» Rosmarie Peter ärgert sich über diese Pflästerli-Verkehrspolitik der Stadt – und gibt ein kleines Beispiel. Von ihrer Wohnung aus sieht sie runter auf den Fussgängerstreifen über die Zürcherstrasse bei der Einfangstrasse. «Ein Flickwerk im eigentlichen Sinn, es ist penibel», sagt sie. In der Tat wurde der Belag dort zwar stellenweise erneuert, aber genau dort nicht, wo die gelben Streifen sind.
Stichwort zwei, das Rotlichtmilieu. «Wir hatten eine Petition eingereicht, daraufhin wurde wenigstens ein riesengrosses rot leuchtendes Herz an einer Rotlicht-Liegenschaft entfernt. Mittlerweile hat die Beleuchtung schleichend wieder zugenommen, und das
Milieu blieb in etwa so, wie es immer war.»
Stichwort drei, das Zentrum Töss und die Verslumung – Rosmarie Peter stellt zunächst klar: «Ein Slum war Töss nie, aber auch nicht gerade das strahlendste Quartier. Viele Häuser an der Zürcherstrasse wurden inzwischen abgerissen und neu gebaut, was aber natürlich auch die Preise in die Höhe trieb. Das Zentrum an sich mit diesem Beton-Brutalismus gefällt mir persönlich, auch wenn im Moment dort nicht viel läuft. Bei der Haustechnik wurde offenbar einiges erneuert, aber von aussen sieht man wenig. Ein Schandfleck aber ist das Zentrum in meinen Augen nicht. Verglichen mit Corbusier-Betonbauten, die ich in Indien sah, ist unser Zentrum noch recht gut im Schuss. Und persönlich finde ich es auch architektonisch interessant.»
Kontakte und Events geben Kraft
Viel Leerlauf und ein paar wenige Erfolge, so etwa lässt sich Rosmarie Peters Engagement zusammenfassen. Über alles gesehen möchte sie die 20 Jahre aber dennoch nicht missen. Was also war positiv? «Ich habe viele interessante Leute kennengelernt, die Arbeit im Quartierverein hat mich auch als Juristin immer interessiert, ebenso das Politische an so einem Amt. Und ich mag die Events, die Adventsfenster mit Glühwein jedes Jahr, die Flohmis – da hab ich gern mitgemacht. Jetzt aber wurden mir die Flohmärkte zu streng. Es ist Zeit für mich, jetzt aufzuhören.»
Was muss eine mögliche Nachfolgerin oder ein Nachfolger mitbringen, um den Job zu meistern? «Man ist flexibel und kann das Engagement auch runterschrauben, man muss nicht immer überall dabei sein», sagt Rosmarie Peter, «und das Politische liegt auch nicht allen, das muss nicht sein. Was es sicher braucht, ist Organisationstalent, und man muss Freude daran haben, mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten.»
Der grösste Erfolg ganz am Ende
Der Schlusspunkt ihrer Arbeit fürs Quartier ist gleichzeitig auch der grösste Erfolg ihres langjährigen Engagements und liegt seit ein paar Tagen druckfrisch auf ihrem Schreibtisch: Ein fast 600-seitiges Dokument des Bundesamtes für Verkehr, das quasi als Baubewilligung für den Brüttener Tunnel gilt. Was macht ihr daran so Freude? «Dass die SBB praktisch alle unsere Einwendungen und Anregungen akzeptiert hat und diese auch in die Bewilligung eingeflossen sind.» Ein bisschen Stolz schwingt mit in Rosmarie Peters Worten – und das zu recht.
Martin Gmür
Neben Rosmarie Peter treten im kommenden Frühjahr zwei weitere Vorstandsmitglieder zurück. Wer Interesse hat an einer Mitarbeit im Quartierverein Töss Dorf, darf sich gerne erkundigen bei Rosmarie Peter (Tel. 077 447 62 68) oder via Mail an toessdorf@gmail.com. Neue Vorstandsmitglieder werden von den jetzigen informiert, zu Sitzungen eingeladen und sorgfältig eingearbeitet. Zu den Aufgaben gehören das Politische, die Organisation von Veranstaltungen sowie administrative Arbeiten.

