Eröffnung der neuen «Winti-Moschee» im Nägelsee
 
Mit viel Spannung ist die neue albanische Moschee Anfang Oktober in Töss eröffnet worden. Die Mitglieder können ihr Glück kaum fassen. Obwohl der Betrieb bereits läuft, gibt es aber noch kleine Detailarbeiten zu erledigen.
 

«Unbeschreiblich, sehr emotional, eine grosse Freude für uns alle!» So beschreibt es Bardil Saiti. Wir sind bei unserem Treffen in der Cafeteria der neuen «Albanische Moschee Winti» in Töss. Saiti ist Bauleiter dieses einmaligen Bauprojekts und im Vorstand des Islamischen Kulturvereins Winterthur. Doch alles der Reihe nach. Das Treffen vor der Moschee habe ich mit ihm ausgemacht. Einfach eintreten traue ich mich nicht, würde ich irgendwie respektlos finden Oder soll ich einfach? Meine Nachrichten werden nicht beantwortet. Nach ungefähr zehn Minuten Warten begrüsst mich ein Vereinsmitglied freundlich und weist darauf hin, dass mein Interviewparter – eben dieser Bardil Saiti – wahrscheinlich meine Nachrichten nicht lesen kann. Das Netz sei drinnen teilweise nicht gut. Von aussen sieht dasneue Gebäude an der Schlachthofstrasse imposant aus. Eine Fensterfassade von Büroräumen richtet sich gegen die Strasse. Nur einmal links um die Ecke gelaufen, steht das grosse Eingangstor mit speziellem islamischen Gruss auf Deutsch, Albanisch, Arabisch und Englisch. Und gleich darüber bekommt der Gebetsraum von aussen eine besondere Optik. Ein versetzt aufs Untergeschoss gestellter Quader mit kleinen Fensterchen. Bardil Saiti begrüsst mich freundlich und möchte mir alles zeigen.Wir beginnen im zweitwichtigsten Raum, wie er ihn nennt. Der wichtigste Ort ist natürlich der Gebetsraum aber die Cafeteria sei auch sehr wichtig: «Hier trifft man sich vor und nach dem Gebet. Hier wird gelacht, geredet und es werden Neuigkeiten untereinander ausgetauscht.»

Willkommensgruss im Eingangsbereich der Moschee.

Ein Gemeinschaftsprojekt
Als Bauleiter kam Saiti eine grosse Verantwortung zu. Doch alleine hätte der Sanitär- und Heizungstechniker aus Sennhof dieses Gotteshaus ganz bestimmt nicht bauen können. Die Moschee des Islamischen Kulturvereins Winterthur ist ein Gemeinschaftswerk. Die Baukosten konnten dank der tüchtigen Mithilfe der Vereinsmitglieder mehr als halbiert werden (von 9,5 auf 4 Millionen Franken). Auch jetzt an diesem frühen Abend Mitte Oktober und rund zwei Wochen nach der Eröffnung, laufen noch einige Personen mit Handwerkerkleidung umher, hantieren da und dort oder räumen auf. Es gelte jetzt noch «die letzten Details zu erledigen». Viele der über 400 Mitglieder haben in den letzten Jahren beim Bau mitgeholfen, mit Spenden aber vor allem auch mit Arbeitszeit – ehrenamtlich. Der Gebetsbetrieb läuft bereits. Die Cafeteria wird auch an diesem Abend immer wieder von Menschen betreten. Die einen suchen etwas und unterbrechen kurz unser Gespräch, andere grüssen kurz und gehen direkt ins angrenzende Fumoir. Der albanische Architekt Muhamed Agusi aus Schlieren hat die Moschee entworfen. «Doch wir als Verein haben dann noch viele Dinge zusätzlich eingebracht, die uns wichtig waren.» Eines davon sei zum Beispiel der eben erwähnte Raucherbereich gewesen. «Viele realisieren gar noch nicht, dass die Moschee, unser neues Zuhause, nun fertig ist», erzählt Saiti. Einige ältere Mitlieder des Vereins hätten Interviews aus emotionalen Gründen ablehnen müssen, weil ihnen noch immer gleich Freudentränen in die Augen schiessen würden und ihnen das Reden schwerfallen würde, wenn sie darüber redeten. Tatsächlich ist die Geschichte dieses Vereins und dieser Moschee in Töss an der Schlachthofstrasse im Nägelseequartier eine langwierige. Man könnte sie auch als Odysee quer durch die Stadt Winterthur bezeichnen. Sie beginnt nicht hier am Ufer der Töss, sondern an der Tellstrasse 16a inmitten von Winterthur. Dort wird 1992 der Islamische Verein Winterthur, kurz IKV Winterthur, gegründet. Eine erste Mietliegenschaft dient als Treffpunkt und Gebetsraum. Doch die Heimat des neugegründeten Vereins wechselt in den kommenden Jahren ständig. Über das Geiselweid- und Mattenbachquartier und andere Standorte kam der IKV schliesslich nach Töss an die Zürcherstrasse 300. Durch die unsicheren Jahre als Mieter sei innerhalb des Vereins der Wunsch nach einem eigenen Zuhause gewachsen. 2018 ist es dann soweit. Das Bauland an der Schlachthofstrasse kann erworben und damit das Bauprojekt für eine neue Moschee gestartet werden.
Fenster erinnern an Jahr und Heimat
Bardil Saiti hat mich mittlerweile durch das Gebäude geführt und wir stehen nun im Herzstück der neuen Moschee – im Gebetsraum 2018 – dieses spezielle Jahr bekommt hier drin besondere Aufmerksamkeit. Auf der Rückseite sind 18 kleine Fenster angebracht. Vorne stehen unverkennbar die Minber, wo der Imam jeweils das Gebet spricht. Sie ist nach Mekka ausgerichtet. Der Fussboden ist mit einem hellblauen Teppich überzogen.

Der Gebetsraum ist nach Mekka ausgerichtet. Rechts ist die Minber, eine Art Kanzel.

Die Fenster der Vorderseite sind riesig und erhellen den Raum mit Tageslicht grosszügig. An der Decke sind haufenweise Schriftzeichen auf Arabisch angebracht. «Es sind die 99 Bezeichnungen für Gott», merkt Saiti an. In der Mitte und damit am prominentesten das Wort Allah. Gleich darunter hängen insgesamt drei Halbmonde. Zwei zeigen nach Mekka, einer in die andere Der Gebetsraum ist nach Mekka ausgerichtet. Rechts ist die Minber, eine Art Kanzel . Richtung «als Zeichen der Offenheit gegenüber allen Nicht-Musliminnen und -Muslimen». Der Gebetsraum ist von zwei Seiten zugänglich. Die Männer kommen über einen Eingang von rechts, die Frauen jeweils von links. Die Männer beten im unteren Bereich, die Frauen auf einer Galerie desselben Raums. Die Raumaufteilung erinnert ein wenig an einen Kinosaal. Und eben auf dieser Galerie sind nochmals 26 kleine Fenster angebracht. «Ein Symbol für unser Zuhause: Die Schweiz und ihre 26 Kantone.» Gleich nebenan auf der Dachterrasse wehen eine Albanische und Schweizer Fahne Seite an Seite.

26 Fenster für 26 Kantone auf der Rückseite des Gebetsraums.

Ideen müssen noch konkretisiert werden
Bevor wir in den Gebetstraum gekommen sind, zeigt mir Saiti fast jeden Winkel des Gebäudes. Seine Freude an der endlich fertiggestellten Moschee ist spürbar. Die Freude ist allgemein ständiger Begleiter im Gebäude, auch bei anderen. Es ist die erste Moschee im Kanton Zürich, die als eigenes Gebäude erbaut worden ist. Das sei für die ganze muslimische Community eine grosse Sache. Kaum sei das Gotteshaus eröffnet worden, würden sie mit vielen Besuchsanfragen eingedeckt. Alle wollen sie unbedingt sehen, die Albanische Moschee Winti. Insgesamt gehören zum Gebäude neben dem Gebetsraum die Cafeteria, Waschräume, Klassenzimmer für Religions- und Sprachunterricht, Büros und Sitzungszimmer für Imam und Vorstand, einen Jugendraum mit Playstation und Töggelikasten und auch noch drei Büround Gewerberäume, welche extern vermietet werden. Fast 2200 Quadratmeter Fläche. Während der über 4-jährigen Bauzeit habe es nur eine einzige Einsprache gegeben. Die Schreinerei Müller nebenan hatte Bedenken bezüglich eines erhöhten Verkehrsaufkommens. Das sei aber schnell geklärt worden und es gab sogar einen kleinen Auftrag beim Moscheebeau für die Schreinerei. Der Verein selbst sieht sich als Brückenbauer in der Gesellschaft oder auch als möglichen «Konfliktlöser» an Schulen, wie es Saiti im Gespräch nennt. An der Eröffnungsfeier wurde der IKV auch von der Politik gelobt für sein gesellschaftliches Engagement. Was aber die konkreten Tätigkeiten in Zukunft sein werden neben dem allgemeinen Betrieb der Moschee, wird sich noch zeigen. Treffen mit der Stadt und anderen Glaubensgemeinschaften seien auf alle Fälle bereits geplant. «Vielleicht behalten wir auch einen der Büroräume noch für uns, wenn die Zusammenarbeit mit Stadt und anderen Intuitionen intensiver wird», sagt Bradill Saiti zum Schluss, als er mich wieder hinausbegleitet. Wie lange er noch vorhabe zu bleiben, frage ich ihn. «Noch eine halbe Stunde wahrscheinlich», meint er bei unserem Abschied und eilt gleich zwei Kollegen zur Hilfe. Ein weiteres Detail, dass fertig gestellt werden muss.